Dein inneres Team – Wer spricht da eigentlich?
Vielleicht kommt dir der Gedanke an Selbstgespräche erst einmal seltsam vor. Menschen, die mit sich selbst reden, wirken oft exzentrisch oder sogar ein wenig verrückt. Doch tatsächlich führen wir alle ständig innere Dialoge – manchmal fühlt es sich an, als würde eine ganze Teamsitzung in unserem Kopf stattfinden. Und dieses Team ist sich nicht immer einig.
Das Modell des inneren Teams, entwickelt von Friedemann Schulz von Thun, beschreibt genau diese innere Vielstimmigkeit. Wir tragen verschiedene Anteile in uns, die unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse vertreten. Sie sind keine Spaltung unserer Persönlichkeit, sondern Ausdruck ihrer Vielschichtigkeit.
Wer sitzt in deinem inneren Team?
Jeder Mensch hat seine eigene Teamkonstellation. Hier ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung beim Schreiben dieses Textes:
- Der Zweifler fragt sich, ob das alles Sinn ergibt. Ob meine Gedanken klar genug sind, ob ich mir nicht zu viel vornehme oder ob ich überhaupt das Recht habe, über dieses Thema zu schreiben. Manchmal wird er zu einem überkritischen Perfektionisten, aber er hilft mir auch, Schwachstellen in meinen Ideen zu erkennen.
- Der ewige Jugendliche glaubt an Veränderung und die Möglichkeit, die Welt zu gestalten. Er ist ein innerer Rebell, ein Punk, der mit 15 Jahren davon überzeugt war, dass alles anders werden muss. Er treibt mich an, neue Wege zu gehen.
- Der Hedonist will einfach nur entspannen. Er hat wilde Ideen und Fantasien, die ich hier nicht näher ausführen möchte, aber seine Hauptbotschaft ist klar: „Chill mal, Diggi.“
- Der Rationalist prüft mit scharfem Blick alles, was die anderen sagen. Er ist der Analytiker, der Zweifel zerlegt, Argumente abwägt und auf Logik pocht.
Natürlich gibt es noch viele weitere Anteile, aber das Prinzip ist klar: In unserem Kopf diskutieren verschiedene Stimmen miteinander – und manchmal reden sie chaotisch durcheinander.
Wer hat das Sagen?
Die wichtigste Erkenntnis: Du bist der Leiter deines Teams.
Es geht nicht darum, Stimmen zu unterdrücken, sondern ihnen bewusst zuzuhören und zu entscheiden, welche gerade hilfreich sind. Stell dir eine Teamsitzung vor: Alle dürfen ihre Meinung äußern, aber am Ende bestimmst du, welche Richtung eingeschlagen wird.
Gerade in schwierigen Situationen kann dieses Modell helfen. Wenn du zum Beispiel überlegst, ob du mehr Sport machen solltest, mischen sich verschiedene Stimmen ein: Der Hedonist bevorzugt das Sofa, der Rationalist erinnert an die gesundheitlichen Vorteile, der ewige Jugendliche will ohne feste Regeln trainieren, und der Idealist stellt sich ein perfektes Ergebnis vor, ohne zu wissen, wie er dorthin kommt. Die Aufgabe besteht darin, eine Lösung zu finden, mit der alle irgendwie leben können.
Balance im inneren Team
Ein Team, in dem nur Chaos herrscht, kommt nicht voran – aber auch ein Team, das keinerlei innere Dynamik hat, bleibt stehen. Es geht um Balance.
Stell dir einen Bogen vor: Ist er zu stark gespannt, reißt er. Ist er zu locker, schießt er keinen Pfeil. Genauso ist es mit unseren inneren Stimmen. Sie müssen nicht immer harmonieren, aber sie sollten sich ergänzen. Balance bedeutet nicht, dass immer Frieden herrscht, sondern dass du als Leiter deines Teams flexibel mit den Spannungen umgehst.
Letztlich geht es darum, die eigene Vielstimmigkeit nicht als Problem zu sehen, sondern als Ressource. Wenn du lernst, dein inneres Team zu führen, kannst du bewusste Entscheidungen treffen – und deine innere Stärke gezielt nutzen.
Dein inneres Team spricht ständig mit dir – die Kunst liegt darin, ihm zuzuhören und die Leitung zu übernehmen. Unterschiedliche Anteile in dir haben verschiedene Bedürfnisse, Ängste und Wünsche. Das Modell des inneren Teams hilft dir, diese Stimmen zu ordnen, sie wertschätzend zu integrieren und bewusste Entscheidungen zu treffen. Balance entsteht nicht durch das Unterdrücken innerer Stimmen, sondern durch ein flexibles Austarieren ihrer Einflüsse.
Formel für den Umgang mit dem inneren Team:
- Identifizieren – Welche Anteile sind gerade aktiv? (Zweifler, Hedonist, Idealist…)
- Zuhören – Was will jeder Anteil? Welche Argumente bringt er ein?
- Moderieren – Wer sollte wann das Sagen haben? Welche Balance ist nötig?
- Entscheiden – Triff eine bewusste Wahl und stehe dazu.
- Reflektieren – Wie hat sich deine Entscheidung bewährt? Gibt es Anpassungen?