Abbrüche: Wann es Sinn macht, weiterzumachen oder etwas zu beenden

Hier ist der Text in Abschnitte gegliedert:

Abbrüche – speziell in Bezug auf die Ausbildung oder das Studium – sind ein sensibles Thema, das in Zahlen ausgedrückt fast schon beängstigend ist. Laut dem letzten Berufsbildungsbericht von 2024 betrug die Abbrecherquote zuletzt 29,6 Prozent. Ein Drittel. Über mögliche und tatsächliche Gründe gibt es in diesem Artikel mehr Informationen. An dieser Stelle geht es mir eher darum, zu schauen, wie du hier zu einer sinnvollen Entscheidung kommen kannst.

Entscheidung: Abbrechen oder Weitermachen?

Es gibt keinen festen Fahrplan oder eine klare Formel dafür, wann man etwas abbrechen sollte und wann es sich lohnt, weiterzumachen. Dennoch denke ich, dass es ein paar wesentliche Punkte gibt, die bei dieser Entscheidung helfen können.

Ich selbst habe relativ lange studiert und frage mich bis heute, warum ich eigentlich genau dieses Studium gewählt habe. Ich habe Anglistik und Pädagogik studiert, ursprünglich mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Aber die Entscheidung war halb bewusst – ich hatte in diesen Fächern im Leistungskurs gut abgeschnitten und wollte auch Zeit für meine Band haben. Studieren war da bequemer als eine Ausbildung.
Irgendwann kam ich an den Punkt, wo ich nicht mehr wusste, ob ich überhaupt noch weiter studieren wollte. Ich war unzufrieden, ging kaum noch zur Uni und nutzte mein Studium hauptsächlich, um die Vorteile wie ein günstiges Monatsticket und die Versicherung zu behalten. Arbeiten tat ich auch viel – unter anderem in einer Musikagentur. Aber als ich dann auf die 30 zuging und merkte, dass die Dinge nicht so liefen, wie ich mir das vorgestellt hatte, die Agentur schließlich Insolvenz anmeldete, musste ich ernsthaft über meine Zukunft nachdenken.
Es war ein schwieriger Prozess, aber ich entschied mich, das Studium abzuschließen. Ich wusste, dass ich keine akademische Laufbahn einschlagen würde, aber das Gefühl, etwas zu Ende zu bringen, war wichtig. So plante ich meine letzten Schritte, suchte mir einen Job in der Betreuung von behinderten Menschen und arbeitete das Studium stoisch ab. Und ich muss und kann sagen: Das war mit einer der wichtigsten und besten Entscheidungen, die ich getroffen habe.

Warum abbrechen oder weitermachen?

Wenn du dich in einer ähnlichen Situation befindest, dann ist der erste Schritt, ehrlich zu dir selbst zu sein. Frage dich: Was sind die Gründe für deine Unzufriedenheit? Hast du wirklich keine Lust mehr auf das Fach oder die Ausbildung, oder sind es äußere Umstände, die dich belasten? Vielleicht liegt es an Überforderung, persönlichen Krisen oder gesundheitlichen Problemen.
Ein paar Fragen, die du dir stellen kannst:

  • Was war meine ursprüngliche Motivation? Warum habe ich mich für diesen Weg entschieden? Hat sich diese Motivation geändert, und wenn ja, warum?
  • Welche äußeren Faktoren spielen eine Rolle? Gibt es familiäre, gesundheitliche oder finanzielle Gründe, die deine Entscheidung beeinflussen?
  • Was ist mein Ziel? Will ich dieses Kapitel unbedingt abschließen, oder gibt es einen neuen Weg, der mir sinnvoller erscheint?
    Eine ehrliche Selbstreflexion ist hier entscheidend. Es hilft auch, mit jemandem darüber zu sprechen – einem Freund, Mentor oder vielleicht einem Therapeuten.

Wenn ein Abbruch in Frage kommt: Planung ist das A und O

Solltest du einen Abbruch erwägen, ist es wichtig, einen Plan für das „Danach“ zu haben. Einfach aufhören und nichts in der Hinterhand zu haben, führt oft nur zu mehr Frust. Hier ein paar Tipps, wie du dich vorbereiten kannst:

  • Informiere dich über Alternativen: Gibt es eine andere Ausbildung oder einen anderen Studiengang, der besser zu deinen Interessen passt? Recherchiere frühzeitig und sprich mit Leuten aus diesem Bereich.
  • Prüfe, ob ein Abschluss doch noch möglich ist: Manchmal fehlt gar nicht mehr so viel, um einen Abschluss zu machen. Kannst du die verbleibenden Aufgaben vielleicht mit einem neuen Zeitplan bewältigen? Es ist sinnvoll, hier zu prüfen, ob ein Deal mit der Ausbildungsstelle oder Uni möglich ist, z.B. bezüglich Nachholstunden oder Prüfungen.
  • Sorge für einen guten Übergang: Falls du dich entscheidest abzubrechen, lass es nicht einfach auslaufen. Stelle sicher, dass du ein Abschlusszeugnis oder ein Arbeitszeugnis bekommst, wenn es möglich ist. Es kann hilfreich sein, in der Bewerbung später zu erklären, warum du abgebrochen hast und was du daraus gelernt hast. Denn diese Fragen werden kommen, versprochen.

Disziplin und Durchhaltevermögen

Falls du dich entscheidest, es doch zu Ende zu bringen – was oft eine sinnvolle Entscheidung ist – dann heißt das, dass du dir Disziplin aneignen musst. Setze klare Prioritäten und streiche Ablenkungen, die dich vom Abschluss abhalten. Manchmal hilft es, sich vorzustellen, dass man für einen begrenzten Zeitraum wie ein „Mönch“ lebt – also auf alles andere verzichtet und nur noch an diesem Ziel arbeitet.
Ein strukturierter Tagesplan hilft enorm, besonders wenn du dich überfordert fühlst. Plane feste Zeiten zum Lernen und zum Arbeiten ein, und halte dich strikt daran. Und sei nicht zu stolz, um Hilfe zu suchen – ob von einem Lerncoach, einem Freund oder der Familie.

Umgang mit Rückschlägen

Rückschläge gehören zum Leben, sowohl im Studium als auch im Berufsleben. Auch ich habe Prüfungen nicht bestanden und musste lernen, dass das kein persönliches Scheitern ist. Wichtig ist, wie du damit umgehst. Nutze Misserfolge als Lernerfahrung, anstatt sie als Grund zu nehmen, alles hinzuschmeißen. Frage dich: Was kann ich nächstes Mal anders machen.

Ein Abbruch ist keine Schande, sollte aber gut durchdacht sein

Es gibt keinen universellen Ratschlag, ob du abbrechen oder weitermachen solltest. Der Schlüssel ist, die Entscheidung wohlüberlegt zu treffen und dabei ehrlich zu dir selbst zu sein. Wenn du das Gefühl hast, dass es nur noch Qual ist und du keine Zukunft in dem Bereich siehst, kann ein Abbruch die richtige Wahl sein. Aber auch dann sollte es nicht aus einer Laune heraus geschehen – plane den Übergang und sei dir deiner Gründe bewusst.
Wenn du dich entscheidest, es durchzuziehen, dann gibt es oft kein besseres Gefühl, als eine Sache abzuschließen. Für mich war das Studium abzuschließen eine große Erleichterung, selbst wenn ich nie Englischlehrer geworden bin. Es gab mir die Kraft, weitere Herausforderungen in meinem Leben anzupacken.

Am Ende des Tages geht es darum, eine bewusste Entscheidung zu treffen, ob du weitermachst oder etwas Neues beginnst. Sei ehrlich mit dir selbst, entwickle einen Plan, und egal welchen Weg du wählst – zieh ihn mit Disziplin und Entschlossenheit durch.