Dieses Gefühl scheint vor allem unter jungen Erwachsenen weit verbreitet zu sein. Es ist dramatisch, das Gefühl zu haben, unsichtbar zu sein – als würde niemand die eigenen Bedürfnisse, Ansichten oder Träume wahrnehmen. In seiner extremsten Form kann dieses „Nicht-Gehört-Werden“ regelrecht zerstörerisch wirken. Man beginnt, an sich selbst zu zweifeln und irgendwann fühlt es sich so an, als würde man für die Welt gar nicht mehr existieren.
Doch hier stellt sich eine entscheidende Frage: Wie sehr höre ich selbst eigentlich zu, wenn ich feststelle, dass ich nicht gehört werde? Wäre es nicht genauso wichtig, sich zu fragen, inwieweit ich selbst andere Menschen sehe und höre? Gerade heute, in einer Zeit, in der Narzissmus immer weiter um sich greift, sind wir vielleicht viel zu schnell dabei, zu behaupten, wir würden nicht wahrgenommen. Aber könnte es sein, dass wir in diesem Moment auch blind und taub für die Umwelt sind?
Verantwortung im „Gehört- und Gesehen-Werden“
Natürlich gibt es Menschen, die wirklich übersehen oder überhört wurden – das soll nicht klein geredet werden. Aber trotzdem: Wie viel Verantwortung trage ich selbst, um andere zu sehen und ihnen zuzuhören? Denn wer ständig betont, nie gehört worden zu sein, läuft Gefahr, sich verbissen darauf zu versteifen und die Welt dazu zwingen zu wollen, einem endlich Gehör zu schenken. Doch dieses Beharren lässt selten echte Verbindung entstehen.
Vielleicht ist es gar nicht so abwegig zu sagen, dass viele von denen, die behaupten, sie seien nicht gehört worden, selbst kaum in der Lage sind, wirklich zuzuhören.
Es lohnt sich, ehrlich zu hinterfragen: Wie aufmerksam bin ich wirklich? Höre ich anderen Menschen zu oder bin ich in Gedanken bereits bei meiner eigenen Antwort? Das aktive Zuhören – also wirkliches, unvoreingenommenes Zuhören – ist hier der Schlüssel. Es klingt einfach, ist aber schwerer, als man denkt.
Die Verantwortung für das „Gehört- und Gesehen-Werden“ liegt also nicht nur bei der Umwelt, sondern genauso bei uns selbst. Wir müssen nicht nur erwarten, dass uns jemand zuhört – wir müssen auch lernen, selbst zuzuhören.
Was denkst du: Liegt die Verantwortung, gehört und gesehen zu werden, eher bei einem selbst oder bei der Umwelt?